Kuba: Ausbürgerung von regimekritischen Künstlern und Intellektuellen

Das kubanische Regime greift immer wieder zum Mittel der Ausbürgerung um sich unbequemer Bürgerrechtler und Aktivisten zu entledigen. In der letzten Zeit ereilte dieses Schicksal unter anderem den Künstler Hamlet Lavastida und den Dramaturgen Yunior Garcia. Beide leben nun im Exil in Europa. Jüngstes Opfer ist die Aktivistin Anamely Ramos. Als sie Mitte Februar von ihrer Gastprofessur in Mexiko nach Kuba zurückkehren wollte, wurde ihr am Flughafen von Miami das Einsteigen in die Maschine nach Havanna verweigert.

Obwohl Anamely kubanische Staatsbürgerin ist, hat das Regime ein Einreiseverbot verhängt und der Fluggesellschaft ein Beförderungsverbot erteilt. Dies ist ein klarer Verstoß gegen Artikel 13 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, wonach jeder Mensch das Recht hat in sein Heimatland zurückzukehren. Aus diesem Anlass hat der oppositionelle kubanische Schriftsteller Jorge Angel Perez einen Essay geschrieben.       Fernando Rivas

Die Rückkehr ins Heimatland ist eine Rückkehr zum Herzen

Von Jorge Angel Perez, Havanna

Eine Veneninsuffizienz kann ein schreckliches, sogar tödliches Übel sein. Das Blut muss immer wieder zum Herzen zurückkehren, sogar stärker als das Wasser zur Erde, um dann wieder hinausgepumpt zu werden. Dann tritt es erneut seine Reise zu jedem Winkel dieses Körpers an. Manchmal passiert es aber, dass die Venen ihre Elastizität verlieren, und dann kommt das Chaos. Denn das Blut unterliegt auch dem Gesetz der Schwerkraft, es staut und sammelt sich in den Beinen, die dann stark anschwellen. Es bilden sich starke Ödeme, was schrecklich und ungesund ist.

Auf seine Reise durch den Körper verliert das Blut Sauerstoff. Das sauerstoffarme Blut fließt wieder zum Herzen zurück, welches es in die Lunge pumpt, um sich dort wieder mit Sauerstoff anzureichern.  Diesen Kreislauf nennt man „venöser Rückfluss“.  So gesehen wäre das Herz wie das zu Hause, das einen aufnimmt und tröstet. Die Heimat die einen pflegt und ermutigt. Zweifellos ist diese Rückkehr des Blutes in das Herz wie die Rückkehr eines Menschen in seine Heimat. „Die Rückkehr in die Heimat“ so heißt auch der berühmte Roman des Schriftstellers Aime Cesaire aus Martinique.

Das zu Hause ist für mich der Hut, den Großvater zu tragen pflegte und der sich immer noch am selben Ort wie immer befindet, obwohl er schon längst weg ist. Zu Hause ist der Regenschirm der Großmutter, die Schnürsenkel und das Garn, die bis heute auf dem Nachttisch liegen, neben der kleinen Kette, an der das Bild der Jungfrau Maria hängt. Zu Hause ist Heimat. Und die Heimat ist auch immer das Land in dem man geboren wurde und mit dem man sich verbunden fühlt. Die Heimat und das Land sind ein und dasselbe. Das Heimatland und das zu Hause sind die, die den Rückkehrer umarmen. Dabei machen Sie keinen Unterschied, ob jemand für eine lange oder eine kurze Zeit weg war, sie nehmen jeden Rückkehrer auf.

Die Heimat, das Land, muss immer bereit sein, denjenigen zu umarmen, der zurückkehrt, denjenigen, der müde ankommt, denjenigen, der staunend betrachtet, was von Land und vom zu Hause übriggeblieben ist. Und unser zu Hause sollte leuchten, wenn der Sohn zurückkehrt, und ein leichter Hauch, ein kleiner Wind von zu Hause, sollte die Tränen des Neuankömmlings abwischen, um die Spuren so langer Abwesenheit zu verwischen. Die Heimat darf sich nicht erkundigen, darf den Rückkehrer nicht verurteilen. Die Heimat muss ihn umarmen und wenn sie noch Kraft hat, dem Neuankömmling zurufen, dass er willkommen ist, dass er geliebt wird und dass alles, was er betritt, ihm gehört, so wie es auch den anderen gehört.

Das zu Hause ist die Heimat, niemals eine bloße Unterkunft. Es ist niemals ein Gefängnis, das einen einsperrt und bestraft. Es ist niemals eine Staatssicherheit, die nach den Gründen für die Abwesenheit fragt, die den Rückkehrer schikaniert und einschüchtert. Die Heimat sollte nicht von Hass und Unterdrückung beherrscht werden. Die Heimat sollte immer unser zu Hause sein. Ein Ort an dem wir unsere Toten zurücklassen.  Das Haus, in das wir zurückkehren, um unsere Toten zu verehren und zu betrauern, Blumen zu überreichen und auch die Lebenden zu umarmen, die wir zurückgelassen haben.

Das Land, die Heimat, wird überallhin mitgenommen, ganz gleich, wie die Reise oder die Rückkehr erfolgt. Es ist egal ob man per Schiff, per Flugzeug oder per Floß ankommt. Am besten ist es, dass die Heimkehr aller begrüßt wird, auch die des verlorenen Sohnes. Die Heimat sollte gegenüber den Heimkehrern niemals ihre Macht zur schaustellen. Sie sollte keine Liste mit den Namen derer führen die nicht zurückkommen dürfen. Sie sollte Niemanden verbannen.  Niemand sollte aus der Laune einer Macht heraus von seinen Lieben getrennt werden.

Caligula war kurz davor, Seneca zu verbannen, weil er sich über seine Klugheit ärgerte.  Claudius verbannte ihn und zwang ihn, nach Korsika zu gehen. Danach war Seneca für eine lange Zeit der Lehrer von Kaiser Nero. Kein moderner Caligula und Claudius, kein Nero von heute, hat das Recht Jemanden zu verbannen.  Kein Möchtegern-Kaiser in dieser heißen Karibik kann das Recht beanspruchen, die Rückkehr von Anamely Ramos zu verhindern. Kein Díaz Canel, kein Raul Castro, hat das Recht, zu verbannen, wie es Fidel Castro und andere, die ihnen sehr ähnlich waren, mit Jose Martí und Heredia getan haben.

Kein Castro, kein Diaz Canel, darf einfach Kubaner an ausländischen Flughäfen stranden lassen. Sie können die Söhne und Töchter Kubas nicht ins Exil nach Südamerika oder Europa verbannen. So manche Celia Cruz, Karla María Pérez, Anamely oder Rosa María Payá werden eines Tages auf die Insel zurückkehren. Es sollte nicht vergessen werden, dass Seneca, der ewige Heimkehrer, von Caligula verachtet wurde und von Cluadius nach Korsika verbannt wurde. Dann aber wurde er Neros Lehrer und auch sein bester Berater, als Nero Kaiser des ganzen Reiches war. Anamely könnte wieder eine Professur an der Akademie der Künste erhalten und vielleicht sogar mehr. Die Rückkehr in die Heimat ist immer auch eine Rückkehr zum Herzen.

Der kubanische Schriftsteller Jorge Angel Perez

Categories:

Tags:

No responses yet

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert