Hungerstreik in Santiago, Protest in Havanna

Seit 19 Tagen sind ca. 40 Aktivisten der Bürgerrechtsbewegung UNPACU (Unión Patriótica de Cuba) im Hungerstreik. Unter ihnen ist auch der Vorsitzende der UNPACU, der bekannte Dissident und ehemalige politische Gefangene Jose Daniel Ferrer. Zentrum des Hungerstreiks ist Santiago de Cuba, alleine am Sitz der Organisation halten sich rund ein Dutzend Hungerstreikende auf. 

Ursache des Protestes sind die Repressalien der Staatssicherheit gegen die UNPACU. Die UNPACU betreibt eine Armenküche, die sowohl Essen an Bedürftige, als auch Medikamente kostenlos an kranke Menschen verteilt. Aufgrund der immer schlechteren Versorgungslage in Kuba, die sich insbesondere in einem gravierenden Mangel an Lebensmitteln und Medikamenten  niederschlägt, bekam die Armenküche der Organisation einen immer größeren Zulauf. Dass die Opposition quasi die Versorgung der lokalen Bevölkerung sicherstellt, war dem Regime natürlich ein Dorn im Auge. Deshalb stürmten Einheiten der Staatssicherheit und der Polizei am 17. März das Lokal und verhafteten sowohl die Anwesenden UNPACU-Aktivisten, als auch alle Bedürftigen die gerade vor Ort waren.

Aus Protest gegen diese Maßnahme traten Jose Daniel Ferrer und rund 40 weitere Aktivisten am Folgetag, den 18. März, in den unbefristeten Hungerstreik. Sie fordern vom Regime eine Ende der Repressalien gegen die UNPACU, die Freilassung der Menschen die verhaftet worden sind und eine Erlaubnis die Armenküche weiter zu betreiben. Das Regime hat die Forderung der Aktivisten bis heute komplett ignoriert. Den Hungerstreik  selbst ignoriert es jedoch keinesfalls. Die Machthaber in Havanna starteten sofort eine Hetzkampagne gegen die UNPACU, sowohl in den sozialen Medien als auch in den traditionellen Medien. Die großen Tageszeitungen und Nachrichtensendungen verunglimpften die Aktivisten der UNPACU als von den USA bezahlte Söldner und Vaterlandsverräter, die den Hungerstreik nur zur Show  und für Geld abziehen würden. In die gleiche Kerbe schlugen die zahlreichen regimetreuen Trolle in den sozialen Netzwerken. 

Diese bekamen jedoch kräftigen Gegenwind zu spüren. Sie sind den kritisch eingestellten Kubanern in den sozialen Netzwerken mittlerweile deutlich unterlegen. Die Versorgungslage in Kuba ist mittlerweile so schlecht, dass immer weniger Kubaner ein Blatt vor den Mund nehmen. Die meisten Nutzer verteidigen deshalb die Hungerstreikenden gegen die Schmähungen des Regimes. 

Leider beließ es das Regime aber nicht nur bei verbalen Aggressionen. Regimetreue Schergen zogen vor den Sitz der UNPACU, um die Aktivisten lautstark als Verräter zu beschimpfen. Sie bewarfen das Gebäude  auch mit Steinen, von denen einige durch die Fenster schlugen und die Aktivisten im Innern verletzten. Unter den Verletzten ist auch Jose Daniel Ferrer selber. 

Hungerstreikende im Sitz der UNPACU in Santiago de Cuba

Allerdings bekam der Hungerstreik auch Unterstützung aus dem Ausland. Letzte Woche unterzeichneten 5 Europaabgeordnete, darunter auch die Vize-Präsidentin des EU-Parlamentes Dita Charanzová, einen Brief an die kubanische Botschaft in Brüssel, die das Regime dazu auffordert die Forderungen der Aktivisten zu erfüllen. 

In Havanna solidarisierten sich die Aktivisten der San Isidor Bewegung (Movimiento San Isidro, MSI) mit den Hungerstreikenden in Santiago. Zum Jahrestag der Gründung der Bewegung veranstalteten die Aktivisten eine großangelegte Protestaktion am Ostersonntag im Namensgebenden Stadtviertel San Isidro. Die Straße vor dem Sitz der Organisation war voll mit Anwohnern die zur Protesthymne Patria y Vida sangen und tanzten. Es wurden weitere regimekritische Lieder gespielt und die Menge beschimpfte den kubanischen Diktator Diaz Canel lautstark als „Singao“. Das ist im kubanischen Spanisch ein umgangssprachliches Schimpfwort für einen Egoisten, der anderen das Leben schwer macht. Die Aktivisten machten auch Mehrmals auf den Hungerstreik in Santiago aufmerksam und forderten Solidarität mit den Hungerstreikenden und eine Ende der Repressalien gegen die UNPACU.  

Der MSI-Aktivist Maykel Osorbo nach seiner gescheiterten Verhaftung.

Die Polizei versuchte zwar die Aktivisten zu verhaften und die Protestaktion zu beenden, kam jedoch gegen die Menge der Anwohner nicht an. Die Verhaftung von MSI-Mitglied Maykel Osorbo scheiterte spektakulär, das Bild der an seinem Handgelenkt baumelnden Handschellen verbreitete sich rasant in den sozialen Medien. Allerdings hatten die Aktivisten des MSI einen Tag später, am Ostermontag, weniger Glück. 

Währenddessen verschlechtert sich die Gesundheit der Hungerstreikenden in Santiago rapide. Eine Aktivistin musste ins Krankenhaus eingeliefert werden, der Zustand von einigen anderen ist ebenfalls sehr schlecht. Auch der Gesundheitszustand von Jose Daniel Ferrer ist mittlerweile kritisch. Dennoch möchten die Aktivisten ihren Hungerstreik so lange fortsetzen bis ihre Forderungen erfüllt werden. Wie das Regime letztendlich reagieren wird ist nicht klar. Im November ließ es den Hungerstreik der San Isidor Bewegung gewaltsam beenden. 

Fernando Rivas

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