Ein Kommentar von Alexander Vogt

Was ist eigentlich politisch?

Da wird von der UEFA im Vorfeld der Europameisterschaft 2021 mit großem Getöse eine Kampagne mit dem Titel “Sign for an Equal Game” ins Leben gerufen, die sich gegen Diskriminierung und diverse Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit wendet und zur Wertschätzung der Vielfalt aufruft. Bekannte Fußballstars werden gewonnen, mit ihren Gesichtern dafür zu werben. Fans werden animiert, sich online dieser Kampagne anzuschließen.

Und dann?

Eines der Teilnehmerländer erlässt während der EM ein Gesetz, dass den Werten, die im Rahmen der Kampagne auch von der UEFA beschworenen werden, diametral entgegensteht. Und die UEFA? Tut nichts? Nein! Im Gegenteil! Sie unterbindet sogar eine Form des öffentlichen Protests, die große Symbolkraft gehabt hätte – die Beleuchtung der Allianzarena in München in den Farben des Rgenbogens beim Spiel Deutschland – Ungarn als Zeichen der Solidarität mit denen, die in Ungarn unter diesem Gesetz leiden werden. Sie nimmt zudem Ermittlungen gegen einen Spieler auf, der sich in einem früheren Spiel mit einer Kapitänsbinde in Regenbogenfarben öffentlich zu diesen Werten bekennt. Die Ermittlungen gegen Manuel Neuer wurden zwar schnell wieder eingestellt, möglicherweise auch wegen des öffentlichen Aufschreis. Die Allianzarena im Regenbogen erstrahlen zu lassen – dazu kann sich die UEFA dann aber nicht durchringen.

Damit aber nicht genug. Am haarsträubendsten ist die Begründung. Die Beleuchtung der Arena sei dann ein politisches Statement.

Hallo? Wie bitte? Sagen sie das doch nochmal! Das ist politisch?

Ja Himmelherrgott NATÜRLICH ist das politisch! Ist Eure Equal-Game-Kampagne etwa unpolitisch? Oder wird es erst politisch, wenn jemand gegen die Werte, die vermeintlich auch die Euren sind verstößt und andere dagegen protestieren? Ist es solange nicht politisch, wie man nur positiv für Menschenfreundlichkeit und Vielfalt wirbt? Und wird es nach Eurer Ansicht erst dann politisch, wenn es zum Schwur kommt, weil jemand anderem diese Werte vollkommen egal sind und anständige Menschen das anprangern?

Liebe UEFA-Funktionäre, Ihr solltet noch einmal über den Sinn internationaler Sportwettbewerbe nachdenken, die auch dem friedlichen Wettstreit der Nationen dienen und ein neuzeitliches Substitut auch für kriegerische Auseinandersetzungen darstellen, wo nationaler Stolz ein Ventil finden, aber auch eine Niederlage bei Einhaltung sportlicher Fairness mit erhobenem Kopf eingesteckt werden kann. Das ist hochpolitisch! Und nichts anderes.

 Nur gut, dass viele andere, wie die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, gegenüber Ungarn deutliche Worte gefunden haben und wohl auch Taten folgen lassen werden. Politiker, Künstler, Sportler – teilweise aus Ecken, wo man es nicht vermutet hätte, haben Stellung bezogen. Euer ablehnendes Verhalten hat eine große Welle der Solidarität in ganz Europa ausgelöst.

Eure Entscheidung hat nur eines gezeigt: Es geht Euch nicht um die Menschen, es geht ums Geld. Und die Nachricht, beim Endspiel in Wembley trotz immer noch nicht überwundener Pandemie 60.000 (!) Zuschauer zuzulassen, bekräftigt dies eindrucksvoll. Die Fans, die Menschen, sind für Euch nur Mittel zum Zweck.

UEFA! ROTE KARTE! SETZEN!

Unser Autor Alexander Vogt ist Bundesvorsitzender der LSU – Lesben und Schwule in der Union

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