Kubas „Medienkrieger“ zu Gast bei Freunden
Das Regime will mehr zahlungskräftige Urlauber auf die Insel locken
Von Felipe Matanzas
Am Mittwoch startet in Bremen eine Vortragsreihe zur Unterstützung des Regimes in Havanna. Dazu wurde kein geringerer als Michel Enrique Torres Corona, Agitator und Moderator der kubanischen TV-Sendung „Con Filo“, nach Deutschland eingeflogen. Sein Thema ist der angebliche Medienkrieg gegen Kuba. Torres, der vom Menschenrechtsexperten Martin Lessenthin als Hassredner bezeichnet wird, wird mit Unterstützung deutscher Linksextremisten in einer Veranstaltungsreihe eingesetzt, um die Verbrechen der kubanischen Diktatur zu verharmlosen. Die gewaltsamen Übergriffe gegen friedliche Demonstranten und deren serienmäßige Verurteilung zu langjährigen Haftstrafen sind auch in Deutschland bekannt geworden. Sie schaden dem Tourismus, mehr deutsche Urlauber könnten sich wegen schlechter Presse für andere Reiseziele entscheiden. Die herrschende Parteielite braucht aber dringend deutsche Touristen, um ihre Kassen zu füllen.
„Torres agitiert in Deutschland, wie kann das sein?“ fragt die Schriftstellerin Daniela Rojo, die ehemalige Moderatorin der regimekritischen Facebook-Gruppe Archipiélago-Forums. Sie hat wie viele andere Verfolgte in Deutschland Asyl beantragt, um sich vor der politischen in ihrem Heimatland zu retten. Daniela Rojo und andere haben sich in Kuba „zuschulden“ kommen lassen, im Rahmen der Plattform und sozialen Bewegung „Archipiélago“ einen nationalen Diskurs voranzutreiben, der zu einem gesellschaftlichen Konsens für einen friedlichen politischen Wandel in Kuba führen sollte. Repression und Verhaftungen waren die Folge. Dem ging zusätzlich eine staatlich verantwortete perfide Medienkampagne voraus, in der die Protagonisten in Kollaboration mit der Staatssicherheit in den staatlichen Medien angegriffen, verleumdet, kriminalisiert, ihre Privatsphäre verletzt und vorverurteilt wurden. Den Kubanern im Exil tut es weh zu wissen, dass jetzt ihre Peiniger und Verleumder hürdenlos in die Deutsche Botschaft in Havanna stolzieren, ein Visum erlangen und nun in Deutschland die Parolen des Regimes und dessen Ideologie verbreiten breiten kann.
Michel E. Torres Corona und „Con Filo“
Michel E. Torres Corona hat es nicht sofort als Propagandist zu den Medien verschlagen. Er studierte zunächst Jura an der Universität Havanna, bevor es ihn als Propagandisten zu den Staatsmedien zog. Im Parteiorgan Granma versuchte er im April 2020 unter dem Titel „Kuba: Warum eine einzige Partei?“ die Ablehnung eines Mehrparteienmodells zu rechtfertigen. Durch Zufall und eigentlich als Ersatzmann sei er zu „Con Filo“ gekommen, meint Torres Corona. Heute leitet er die Sendung, ist deren Drehbuchautor und nimmt somit persönlich Einfluss auf Inhalt und Art der Präsentation.
Das TV-Magazin „Con Filo“ wurde nach den landesweiten Protesten des 11. Juli 2021 als „kommunistisches Korrektiv“ im Staatsfernsehen geschaffen. Es soll gegen demokratische und freiheitliche Einflüsse und „Gefahren“ durch Soziale Netzwerke wirken. Denn das Regime hat erkannt, dass es die Deutungshoheit in der Gesellschaft verliert, wenn es dem Einfluss Sozialer Medien nicht entgegentritt. Zu diesem Zweck greift Michel Torres Corona hemmungslos und brutal Oppositionelle, Andersdenkende und Gläubige an. Ihr Privatleben wird verzerrt dargestellt. Er schürt gezielt Hass und Hetze gegen Andersdenkende und ist auf diese Weise mitschuldig an realen und konkreten Angriffen gegen diese Menschen, die sich in Kuba nirgends mehr sicher fühlen können.
„Torres erinnert an den DDR-Fernsehagitator Karl Eduard von Schnitzler, der in seiner Sendung „Schwarzer Kanal“ jeden verleumdete, den die DDR-Oberen als eine Gefahr für die ostdeutsche Diktatur ausmachten. Er log hemmungslos und dichtete den SED-Staat zum Paradies um. Kritische Künstler oder westlich orientierte Jugendliche wurden als gekaufte Agenten des Kapitalismus dargestellt. Genau diese Methode wendet auch Torres an“, kritisiert Martin Lessenthin.
Mit der Sendung „Con Filo“ befeuert Torres Corona den repressiven Charakter des totalitären Regimes, das seit Jahrzehnten die Freiheits- und Grundrechte der kubanischen Bürger massiv einschränkt. Der seit zwei Jahren im spanischen Exil lebende kubanische Dichter Yunior García Aguilera schrieb über Torres und „Con Fili“: „Sie haben jeden kubanischen Mann oder jede kubanische Frau verleumdet, die ihre Stimme mit einer Rede erhoben haben, die der offiziellen halbwegs entgegengesetzt war. In einem normalen Land könnte man sie sogar wegen Verleumdung verklagen.“ Weiter schreibt er „Con Filo ist die mit Abstand abscheulichste Sendung im kubanischen Fernsehen. Sie verwenden keinen Humor, sie scheiden den Eiter einer fauligen und übelriechenden Politik aus. Sie verteidigen ihre Positionen nicht mit Argumenten, sondern verunglimpfen jeden Kubaner, der nicht so denkt wie sie.“
Protest gegen die Unterdrückung – Protest gegen Regimepropaganda
Aufruf von Menschen aus Kuba im deutschen Exil
Wir, eine Initiative von Exilkuban:innen und Kubadeutschen, möchten Politiker:innen Behörden, Presse und Bürger:innen über eine in den nächsten Tagen in Ihrer Stadt geplante Veranstaltung, deren Hintergründe und vor allem über den dazu eingeladenen Hauptgast aus Kuba aufklären Im Rahmen einer Veranstaltungsreihe mit dem irreführenden Titel „Medienkrieg gegen Cuba“ wird der kubanische Medienvertreter Michel Torres Corona an mehreren Tagen im Juni in verschiedenen deutschen Städten Vorträge halten.
Michel Torres Corona hat sich im kubanischen Staatsfernsehen als Moderator der wöchentlichen Sendung „Con Filo“ einen Namen gemacht und ist damit eines der medial bekanntesten Gesichter der Propagandamaschinerie des kubanischen Regimes. Mit seiner Sendung reproduziert er den repressiven Diskurs einer Diktatur, die seit Jahrzehnten die Freiheits- und Grundrechte der kubanischen Bürger:innen massiv einschränkt. Kuba ist die am längsten bestehende Diktatur in der westlichen Hemisphäre.
Am 11. Juli 2021 gingen landesweit Zehntausende von Kubaner:innen auf die Straße, um gegen die katastrophalen Zustände und den Einparteienstaat zu protestieren. Sie forderten Freiheit, Demokratie und die Achtung der Menschenrechte. Die kubanische Regierung hat die friedlichen Demonstrationen des 11. Juli 2021 gewaltsam niedergeschlagen. Kuba belegt jedes Jahr aufs Neue einen der letzten Plätze im Index der Pressefreiheit, einem Länderranking der NGO „Reporter ohne Grenzen“ (im Jahr 2021 Platz 172 von insgesamt 179 miteinbezogenen Ländern).
Das bedeutet nicht nur, dass es schwierig ist, im Ausland neutral über Kuba zu berichten, sondern auch, dass die Bevölkerung im Land keinen Zugang zu unabhängigen Medien und objektiver Berichterstattung ha In Kuba gibt es keine freie Presse; die einzig legalen kubanischen offiziellen Medien wie Fernsehen, Radio, Print- und Online-Medien werden vom Staat kontrolliert. Das Internet und die sozialen Netzwerke, die unabhängigen Journalist:innen neue Möglichkeiten eröffnen, sind daher eine Bedrohung für das Regime, dem es mit Programmen wie „Con Filo“ entgegenzuwirken versucht, um sein Informationsmonopol aufrecht zu halten.
Unzählige Videos, die das brutale Vorgehen der kubanischen Polizei und Streitkräfte am 11. Juli 2021 dokumentieren, werden vom Regime uns einen staatlichen Medien als „Fake News“ verunglimpft Michel Torres Corona hat im kubanischen Staatsfernsehen Oppositionelle, Dissiden:innen, Menschenrechtsaktivis:innen und viele andere Bürger:innen angegriffen, ihr Privatleben bloßgestellt und sie auf übelste Art und Weise beleidigt und verleumdet. Er schürt gezielt Hass und Hetze gegen Andersdenkende und ist auf diese Weise mitschuldig an realen und konkreten Angriffen gegen diese Menschen, die sich in Kuba nirgends mehr sicher fühlen können.
Michel Torres Corona leugnet rundheraus die Existenz und die beschämende Realität der politischen Gefangenen in Kuba Nach den neuesten Zahlen der NGO „Prisoners Defenders“ sind nach wie vor 1048 Menschen aus politischen Gründen inhaftiert, insbesondere wegen de Teilnahme an friedlichen Demonstrationen wie denen des 11. Juli 2021. „Prisoners Defenders“ liegen außerdem Daten über 181 Fälle von Folter in Gefängnissen und 116 außergerichtliche Hinrichtungen vor.
Auch Amnesty International kritisiert die unmenschlichen Haftbedingungen Kuba ist kein Rechtsstaat, politische Gefangene könne nicht auf einen fairen Prozess hoffen. Zu diesen politischen Gefangenen gehört auch der Deutsch-Kubaner und deutsche Staatsbürger Luis Frómeta Compte aus Dresden, der ursprünglich zu 25 Jahren Haft verurteilt wurde (in der Berufung auf 15 Jahre reduziert), weil er während seines Urlaubs in Kuba die Proteste vom 11. Juli 2021 mit seinem Mobiltelefon gefilmt hatte. Gerade für die deutsche Familie von Luis Frómeta Compte, die immer noch für die Freilassung ihres Mannes, Vaters und Großvaters kämpft, ist der Besuch und das öffentliche Auftreten eines Wahrheitsverdrehers wie Michel Torres in Deutschland besonders schmerzhaft Die Sendung „Con Filo“ mit ihrem Moderator Michel Torres Corona steht für Verleumdung, für die Aufstachelung zu Hass und Gewalt.
„Con Filo“ und die staatlich kontrollierten Medien verteidigen autoritäre und militaristische Strukturen, die Unterdrückung von fundamentalen Grundfreiheiten und- Rechten, sie sind an der Vertuschung schwerster Menschenrechtsverletzungen vonseiten des kubanischen Staats beteiligt. „Con Filo“ und Torres machen sich zum Sprachrohr für die Hassreden der Kommunistischen Partei Kubas (PCC); sie kooperieren offen mit dem kubanischen Staatssicherheitsdienst, einem der hauptverantwortlichen Organe der Repression von Dissident:innen auf der Karibikinsel. Deutschland kann zu Recht stolz auf seine freiheitlich-demokratische Grundordnung sein,die nicht zuletzt auch ein Ergebnis bitterer historischer Erfahrungen mit zwei Diktaturen ist. Rede- und Meinungsfreiheit sind Errungenschaften, die nicht hoch genug eingeschätzt werden können.
Doch Meinungen sind keine Fakten, Fake News untergraben die Demokratie und auch die Meinungsfreiheit stößt da an ihre Grenzen, wo Andersdenkende verleumdet und beleidigt werden. Falschinformationen, wie Torres sie in Deutschland über Kuba, die Situation der kubanischen Bevölkerung und insbesondere der politischen Gefangenen verbreiten will, dienen nicht der neutralen Information der deutschen Bevölkerung, sondern sind ein Mittel de Propaganda eines verbrecherischen Regimes. In Deutschland leben viele Menschen, die persönlich leidvolle Erfahrungen mit dem Leben in verschiedenen Diktaturen gemacht haben und deren verheerenden Auswirkungen am eigenen Leib ertrage mussten.
Zu ihnen gehören eine wachsende Zahl von Geflüchteten aus Kuba sowie viele Kubadeutsche, darunter auch die Verfasser:innen dieses Aufrufs. Deutschland und seine Bürger:innen haben uns auf unserer Flucht vor der kubanischen Diktatur, auf unserer Suche nach Freiheit und Demokratie herzlich aufgenommen Das öffentliche Auftreten einer Figur wie Michel Torres Corona und das, wofür er steht, ist für uns ein Schlag ins Gesicht und aus unserer Sicht unvereinbar mit den Grundwerten der Demokratie, die wir in Deutschland schätzen gelernt haben.
Es ist schmerzhaft ironisch mitansehen zu müssen, dass jemand, der für viel Leid und Unterdrückung in unserem Heimatland Kuba mitverantwortlich ist und aktiv zu deren Fortbestand beiträgt, eingeladen wird, in Deutschland Vorträge zu halten, in der Absicht, ebendieses Leid zu verschleiern; und das in einem Land wie Deutschland, das sich seines Engagements für Menschenrechte und Demokratie rühmen kann. Mit diesem Aufruf wollen wir, Exilkubaner:innen und Kubadeutsche, die von Torres verbreiteten Falschinformationen „vom Kopf auf die Füße stellen“: Es ist die kubanische Regierung selbst, die einen medialen Krieg führt – in erster Linie gegen die eigene Bevölkerung.
Darüber hinaus ist er Teil ihrer Strategie, weltweit ein möglichst positives Bild von Kuba zu erzeugen und zu verbreiten, um die wahren Verhältnisse und vom Regime begangenen Menschenrechtsverletzungen zu verschleiern – und um die letzten verbliebenen Einnahmequellen aus dem Massentourismus nicht gänzlich zu verlieren.
Aufruf zum Protest gegen den öffentlichen Auftritt von Michel Torres Corona:
• Wir fordern deutschen Politiker:innen aller Parteien, sowohl in Kommunen, Ländern, als auch im Bund und der Regierung dazu auf, sehr genau hinzuschauen, wem in ihren Städten eine Plattform für ideologische Hetze und Hassrede geboten wird
• Wir fordern die deutsche Presse ausdrücklich dazu auf, über diese Veranstaltung zu berichten und dabei die Stimmen und Erfahrungen, Perspektiv und Geschichten, Überzeugungen und Argumente von Exilkubaner:innen in Deutschland zu hören und zu berücksichtigen die vor der Unterdrückung durch das Regime, das Torres verteidigt, geflohen sind.
• Bitten Sie die Organisato:innen der Veranstaltungsreihe mit Michel Torres Corona, kubanische Dissident:innen und Exilkubaner:innen einzuladen, sie zu Wort kommen zu lassen, sie ihre Sicht der Dinge darlegen zu lassen – was ihnen in ihrem nicht[1]demokratischen Heimatland verwehrt bleibt. Geben Sie ihnen das Recht, sich öffentlich zu äußern, das Recht zu antworten, das Recht zu einer Gegendarstellung, das ihnen Torres, stellvertretend für das kubanische Regime, in seinem Programm „Con Filo“ nicht einräumt.
Schließen Sie sich unserem Protest an!
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