In einer Diktatur geht man nicht wählen

Von Fernando Rivas 

Seit Wochen sind die Straßen Kubas, die staatlichen Medien und regimenahe Accounts der sozialen Medien voll mit Werbung für die anstehenden Parlamentswahlen vom kommenden 26. März. Man soll wählen gehen für die Unabhängigkeit und die Einheit des Landes. Man soll wählen gehen, damit sich die wirtschaftliche Situation auf der Insel verbessert.

Moment Mal: Wahlen auf Kuba? Ist das Land nicht eine Diktatur, wieso gibt es dann Wahlen? Diese „Wahlen“ haben auf Kuba eine lange Tradition, obwohl es eigentlich keine wirklichen Wahlen sind, denn es gibt gar keine Auswahl. Das Land ist seit 1959 eine kommunistische Einparteiendiktatur, außer der kommunistischen Partei sind alle anderen Parteien verboten. Dennoch lässt das Regime regelmäßig wählen, um sich einen demokratischen Anstrich zu geben. Nach offizieller Lesart ist Kuba nämlich keineswegs eine Diktatur, sondern eine basisdemokratische sozialistische Einparteiendemokratie. Das ist vollendeter Unsinn, aber die Diktaturfreunde der Linken in vielen kapitalistischen Demokratien verbreiten diesen Unsinn sehr gerne weiter. Die kubanische Diktatur verwendet daher viel Energie dafür so zu tun als sei man gar keine Diktatur.

Innenansicht Kapitol

Vor diesem Hintergrund sind die Parlamentswahlen vom 26. März einzuordnen. Dabei verdienen sie den Namen Parlamentswahlen ebenfalls nicht. Es sind nämlich weder richtige Wahlen, noch gibt es auf Kuba ein richtiges Parlament. Die Nationalversammlung, so heißt das kubanische Parlament, hat 450 Abgeordnete. Diese stimmen ausnahmslos immer einstimmig allem zu was die Regierung ihnen zur Abstimmung vorlegt. Denn auch die Nationalversammlung existiert nur, damit das Regime sagen kann, „schaut her wir sind keine Diktatur, denn wir haben ein Parlament“. Das Parlament hat keine wirkliche Macht, die Macht auf Kuba hat weiterhin die Familie Castro und die mit ihr verwandten und verschwägerten Militärs. Selbst der Präsident Miguel Diaz Canel Bermudez ist eine Marionette der Castros.

Aus diesem Grund gibt es am 26. März auch gar nichts zu wählen. Zur „Wahl“ steht nämlich eine Einheitsliste von 450 Kandidaten. Es gibt also genau 450 Kandidaten für die 450 Sitze der Nationalversammlung. Deren Zusammensetzung steht also quasi schon vorher fest. Die Wähler haben zwar theoretisch die Möglichkeit diese Einheitsliste per „No“ auf dem Wahlzettel abzulehnen, aber das ist noch nie passiert und im politischen System Kubas auch nicht vorgesehen. Es ist vollkommen unklar was dann passieren würde.

Während also über den Ausgang der Wahl keinerlei Zweifel bestehen, macht sich das Regime dennoch erhebliche Sorgen um die Wahlbeteiligung. Diese erreichte bei den Kommunalwahlen im letzten Jahr einen neuen Negativrekord. Mehr als 30% der Wahlberechtigten sind zu Hause geblieben. Dies gilt als klare Absage an die Verhältnisse im Land, denn das Regime ist an Wahlbeteiligungen von weit über 90% gewöhnt. Die Diktatur möchte unbedingt verhindern, dass bei den kommenden Parlamentswahlen dasselbe passiert. Aus diesem Grund läuft seit mehreren Wochen eine massive Propagandakampagne im Land, die die Kubaner an die Wahlurnen treiben soll. So müssen z. B staatliche Angestellte die vom Staat ein Diensthandy gestellt bekommen, pro Tag mindestens 3 Posts absetzen in dem sie die Bevölkerung auffordern zur Wahl zu gehen.

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Leben in Havanna 2022

Egal wie hoch oder niedrig die Wahlbeteiligung auch ausfallen wird, sicher ist dass sich in Kuba erstmal nichts ändern wird. Das Regime wird weiter machen wie immer, auf große politische oder wirtschaftliche Reformen wird man weiterhin vergeblich warten müssen. Viele oppositionelle Kubaner halten dementsprechend wenig von diesen Wahlen. Der Schriftsteller Jorge Angel Perez nennt sie eine nutzlose Farce. Er will „selbstverständlich nicht wählen“ und fordert seine Mitbürger auf es ihm gleich zu tun. Für ihn ist klar: „En dictadura no se vota – in einer Diktatur geht man nicht wählen“. 

Kapitol in Havanna. Hier tagt die „Nationalversammlung“, das kubanische Scheinparlament.

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