„Wir wollen neue Unterstützer für unsere Menschenrechtsarbeit gewinnen!“

Das Radiowoche-Team sprach mit Ulrike Lessenthin. Sie ist Gründerin und Vorsitzende von „BfM – Botschafter für Menschenrechte“. BfM ist seit fünf Jahren auf verschiedenen menschenrechtlichen Arbeitsfeldern als Netzwerk und eingetragener Verein aktiv.

Was macht eigentlich der Verein Botschafter für Menschenrechte?

Ulrike: Wie der Name schon verrät, wollen wir Botschaften für die Menschenrechte verbreiten. Das tun wir rein ehrenamtlich. Dabei geht es uns vor allem darum, dass öffentlich über Menschenrechte geredet und die Not der Opfer von schweren Menschenrechtsverletzungen bekannt gemacht wird. Wir wollen, dass mehr Menschen sich für die Menschenrechte interessieren.

Weshalb engagierst Du Dich für Menschenrechte?

Ulrike: Für das Thema Menschenrechte interessiere ich mich seit langer Zeit. Mein Vater ist als Geflüchteter aus Schlesien nach Westdeutschland gekommen, die Eltern meines Mannes sind ebenfalls ostdeutsche Geflüchtete bzw. Vertriebene. Auch mit der DDR, den Zwangsadoptionen, Reiseverboten, verweigerter Meinungsfreiheit und dem Schießbefehl an der Mauer habe ich mich beschäftigt und schließlich die Freude der Menschen in der ehemaligen DDR geteilt, als die Mauer gefallen ist und es zur deutschen Einheit kam. Da ist es logisch, dass ich mich auch heute für Menschenrechte einsetze.

Was sind schwere Menschenrechtsverletzungen?

Ulrike: Ich greife mal einige Menschenrechte heraus. Das sind die Verweigerung der Rechte auf Meinungsfreiheit, auf Leben, auf religiöse Selbstbestimmung, auf körperliche Unversehrtheit, auf Versammlungsfreiheit oder Reisefreiheit. Diese Rechte und weitere Menschenrechte gehören zu den von den Vereinten Nationen garantierten Grundrechten, sie spiegeln sich auch im deutschen Grundgesetz wieder. Das hört sich etwas theoretisch an, aber bei unserer Arbeit als Botschafter für Menschenrechte erleben wir die Not der Opfer ganz konkret.

In Madrid: Ulrike Lessenthin (2. von rechts) und nach Spanien abgeschobene kubanische politische Gefangene.

Dann nenne doch bitte einmal konkrete Beispiele aus Eurer Arbeit!

Ulrike: Ich fange einmal mit Frauen aus dem Iran oder Kuba an. Auf Kuba unterstützen wir die Damas de Blanco, übersetzt die „Damen in Weiß“. Diese Frauen haben sich zusammengeschlossen, um für die Befreiung von politischen Gefangenen einzutreten. Auf Kuba sind uns derzeit 1066 politische Gefangene bekannt. Die „Damen in Weiß“ sind als Ehefrauen, Schwestern oder Töchter von politischen Gefangenen selbst von Menschenrechtsverletzungen und Diskriminierungen betroffen.

Wir helfen Ihnen, die Schicksale der Inhaftierten, die zum Beispiel Opfer von Folter und Isolation sind,  bekannt zu machen und wir leisten humanitäre und medizinische Unterstützung.

Bei den politischen Gefangenen im Iran ist es ähnlich wie auf Kuba. Hier sind aber mehr Frauen selbst als politische Gefangene oder aus religiösen Gründen inhaftiert. Schon das Fehlen einer Kopfbedeckung kann für iranische Frauen zu Folter und Gefängnis führen.

Liegt der Schwerpunkt bei Frauen?

Ulrike: Nein. Wir unterstützen nicht nur diese Frauen, die ich gerade hervorgehoben habe. Die meisten politischen Gefangenen oder auch Glaubensgefangenen sind männlich. Es ist uns immer wichtig, Einzelschicksale öffentlich zu machen. Unabhängig vom Geschlecht ist das der beste Schutz für die Betroffenen. Gefangene, über die niemand spricht, für die sich scheinbar niemand interessiert. Sie werden zuerst Opfer von Folker, sexualisierter Gewalt, Nahrungsentzug oder verweigerter medizinischer Hilfe. Und wir informieren die Menschen in einigen Staaten direkt, welche Rechte sie haben. 

Mit welchen Mitteln geschieht diese Arbeit?

Ulrike: Schwerpunkte sind aktuelle Berichte in Form von Dossiers, Falldokumentationen und Veröffentlichungen auf unserer Webseite, die als Blog gestaltet ist. Daneben informieren wir in Facebook und auch durch gezielte Infokampagnen, die sich an Politiker und verschiedene Medien richten. Zu unserer Arbeit gehören aber auch Plakate, oder Aufkleber, mit denen wir auf Gefangene hinweisen. 

Macht der Verein Botschafter für Menschenrechte das als geschlossene Gruppe? 

Ulrike: Nein, wir wollen und können das als Ehrenamtliche nicht allein leisten. Bereits bei der Beschaffung von Informationen über die Opfer arbeiten wir wie ein Netzwerk mit vielen Partnerinnen und Partnern aus den Ländern. Darüber hinaus stehen wir in Kontakt mit Personen und  Gruppen im Exil. 

Findet das alles nur via eMai und Internet statt? 

Ulrike: Das geht auch ganz persönlich vor Ort in Waldsolms, wenn man will. Hier kann man viel über die Menschenrechtslage aus erster Hand erfahren. Zum Beispiel bei Geflüchteten aus der Ost-Ukraine oder bei Menschen, die ihre Heimat in Nordafrika oder dem arabischen Raum verlassen mussten und nun in Waldsolms leben. Wir sprechen zum Beispiel mit Zeugen und Betroffenen im koptisch-orthodoxen Kloster in Waldsolms-Kröffelbach. Das hilft vor allem, Hintergründe zu verstehen und aktuelle Entwicklungen zu berücksichtigen.

In Havanna: Ulrike Lessenthin (rechts) mit den gerade aus der Haft entlassenen „Damen in Weiß“ Haydee Galardo Salazar und Sonia Garro.

Was sind die Voraussetzungen, um bei „Botschafter für Menschenrechte“ mitzumachen?

Ulrike: Wir freuen uns sehr über Unterstützung und Mitwirkung. Dafür gibt es keine Vorgaben oder Voraussetzungen. Es geht immer um Hilfe für Opfer von Menschrechtsverletzungen. Mitgliedsbeiträge erheben wir nicht und jeder kann mitwirken – auch ohne Mitgliedschaft. So suchen wir zum Beispiel immer Menschen, die in Fremdsprachen über Einzelschicksale recherchieren, Bildmaterial beschaffen oder selbst erstellen, Einzelschicksale dokumentieren, Briefe, Dokumente und Berichte übersetzen können. Aber auch über neue Ideen zur Hilfe von Opfern, Mitwirken bei Aktionen wie Mahnwachen, Organisieren von Videokonferenzen und Ähnlichen sind wir dankbar. 

Was sind die nächsten Ziele von „Botschafter für Menschenrechte“?

Ulrike: Wir wollen neue Unterstützer für unsere Menschenrechtsarbeit gewinnen, noch mehr Öffentlichkeitsarbeit machen um uns auch für Menschen einzusetzen, die bisher nicht in unserem Fokus waren. Kreative Hilfe, auch künstlerische Ideen sind dafür hochwillkommen. Zur Kontaktaufnahme reicht eine eMail an info@botschafter-menschenrechte.de oder eine Nachricht auf unserer Facebookseite von Botschafter für Menschenrechte.

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