Kuba: Vom Arbeitslager zur Ehe für Alle – das neue LGBT Paradies in der Karibik?
Vor der kommunistischen Machtübernahme von 1959 war Kuba schon kein guter Ort für Lesben und Schwule. Wie in vielen Ländern zu dieser Zeit war Homosexualität sozial geächtet. Allerdings gab es auch keine aktive staatliche Verfolgung von Lesben und Schwulen. Dies änderte sich nach 1959 schlagartig. Das neue kommunistische Regime agierte extrem homophob und sah Homosexualität als ein sündhaftes Laster an, sozusagen als Symbol von kapitalistischer Dekadenz. Dementsprechend wurde die Verfolgung männlicher Homosexueller offizielle Politik des Staates. Schwule Männer wurden die 1960er Jahre über in Arbeitslager gesperrt, wo sie Zwangsarbeit leisten mussten. Diese Zeiten sind in Kuba nun aber Vergangenheit. Homosexualität steht nicht mehr unter Strafe und seit 2022 dürfen sich homosexuelle Menschen auf Kuba sogar das Ja Wort geben. Mariela Castro, Tochter des langjährigen Diktator Raul Castro, betreibt mit dem Zentrum für Sexualkunde (CENESEX) eine staatliche Organisation, die sich unter anderem für die Rechte von LGBTQ-Kubanern stark macht. In der offiziellen Propaganda gibt man sich also betont offen und LGBTQ-freundlich.
Aber entspricht das wirklich der Realität? Leider ist dies nicht der Fall. Wie immer in Kuba gibt es die offizielle Propaganda auf der einen Seite und die Realität auf der anderen. Zwar wird Niemand mehr auf Kuba vom Staat wegen seiner Homosexualität verfolgt oder eingesperrt, aber Homosexuelle haben immer noch einen schweren Stand im Land. Denn Kuba ist eine lateinamerikanische Macho-Gesellschaft mit sehr traditionellem Verständnis der Geschlechterrollen. Homophobie ist dementsprechend in der Gesellschaft weiterhin weit verbreitet. Schwule und Lesben werden verspottet und man geht ihnen aus dem Weg. Deshalb verbergen auch heute noch viele Kubaner ihre sexuelle Orientierung vor Familie, Freunden und Kollegen. Es gibt auch Gewalt gegen Schwule, manchmal sogar mit tödlichem Ausgang. Ein positiver Nebeneffekt des kubanischen Polizeistaates ist jedoch, dass die Zahl der Gewaltdelikte insgesamt unter dem lateinamerikanischen Durchschnitt liegt. Dementsprechend gibt es auch weniger Gewalt gegen LGBTQ als in so manchem Nachbarland.
Der Umstand, dass Kuba ein Polizeistaat ist, hat jedoch überwiegend negative Auswirkungen auf das Leben der kubanischen LGBTQ. Zwar gibt es mit dem CENESEX eine staatliche Organisation, die sich vordergründig für die Rechte der homosexuellen Kubaner einsetzt. Allerdings tut die Organisation in der Realität kaum etwas für die Rechte dieser Menschen. Denn die wahre Aufgabe von CENESEX besteht darin, dass schlechte Image der homophoben Diktatur aufzubessern. Hat man früher Schwule in Lager gesperrt, kann man sich jetzt damit brüsten, eine staatliche Organisation zu betreiben, die die Rechte dieser Minderheit schützt und fördert. Wenn sich homosexuelle Kubaner sich für ihre Rechte einsetzen möchten, können sie das nur tuen, in dem sie sich bei CENESEX einbringen. Da CENESEX aber nur zur Show existiert, haben Kubaner die wirklich die Situation der LGBTQ im Land verbessern möchten ein Problem. Denn jeder unabhängige Aktivismus ruft den kubanischen Polizeistaat auf den Plan. Die Staatsicherheit verfolgt gnadenlos alle Versuche von kubanischen LGBTQ sich unabhängig zu organisieren. Die Palette der Repressalien reicht von Einschüchterungen über Berufsverbote, Verhaftungen und langjährigen Gefängnisstrafen. Versuche für die Rechte von LGBTQ zu demonstrieren, werden wie alle nicht-staatlichen Demonstrationen auf Kuba von den Sicherheitskräften gewaltsam unterbunden.
Abschließend lässt sich also sagen, dass sich die Situation der LGBTQ in Kuba seit den 1960ern Jahren zwar verbessert hat. Allerdings leiden LGBTQ noch immer unter Homophobie im kubanischen Alltag. Wie alle Kubaner bekommen sie sehr schnell Probleme mit dem Staat, wenn sie versuchen sich unabhängig für ihre Rechte einzusetzen. Der Umstand, dass Kuba eine Diktatur ist, hat deshalb auch negative Auswirkungen auf die Rechte der LGBTQ Kubaner.
Fernando Rivas
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